Leseprobe aus meinem neuen Buch

"Vom Leuchten der Sterne"


Ich habe auf den nächsten Seiten einige Leseproben aus meinem Kurzgeschichtenbuch zusammengestellt:


Vom Leuchten der Sterne


Das kleine Mädchen steht am Fenster und schaut staunend hinauf zum Sternenhimmel. Die blonden lockigen Haare fallen ihr über die Schultern, und mit dem langen weißen Nachthemdchen, das mit bunten Blümchen verziert ist, sieht sie wie ein kleiner Engel aus. Sie soll schon längst in ihrem Bett liegen und schlafen. Doch manchmal, wenn ihre Mutter ihr gute Nacht gesagt und das Zimmer verlassen hat, steht sie ganz leise wieder auf, um sich die Sterne anzuschauen.

„So viele funkelnde Sterne.“, denkt sie. „Wer mag wohl ihre Lichter am Abend anzünden und am Morgen wieder auspusten? Ob das die Englein sind, von denen Mama manchmal erzählt?“

Sie kann sich nicht sattsehen an diesen vielen Lichtern.

„Morgen werde ich Mama danach fragen“, nimmt sie sich vor, bevor sie wieder in ihr Bett und unter die Decke schlüpft. Vom vielen Nachdenken ist sie müde geworden. Sogleich fallen ihr die Augen zu, und nach wenigen Minuten ist sie eingeschlafen.

 

„Na, mein kleiner Schatz, hast du noch nicht ausgeschlafen?“, fragt die Mutter, als sie am nächsten Morgen in Lauras Zimmer kommt, um sie zu wecken. „Schau, die Sonne scheint, und es wird heute ein wunderschöner Tag werden.“

Sie zieht die Vorhänge auf und gibt ihrer Tochter einen Kuss auf die Stirn. „Du musst jetzt aufstehen. Deine Freundin Jana hat heute Geburtstag, und wir wollen doch noch ein Geschenk für sie kaufen, bevor du am Nachmittag zu ihrer Geburtstagsfeier gehst. Wenn wir in die Stadt fahren wollen, dann wird es jetzt Zeit.“

Laura blinzelt ein wenig, bevor sich ihre Augen an die Helligkeit des Sonnenlichtes gewöhnt haben. „Oh, das habe ich ja ganz vergessen!“ Sie hüpft eilig aus ihrem Bett und verschwindet ganz schnell in Richtung Badezimmer. „Ich werde mich jetzt ganz bestimmt beeilen“, hört ihre Mutter sie noch sagen.

Uschi muss ein wenig schmunzeln. Ja, so kennt sie ihren kleinen Wirbelwind. Wenn sie im Bett liegt und schläft sieht sie wie ein kleiner Engel aus, aber sobald sie auf den Beinen ist, ist sie ständig in Bewegung.

„Vergiss nicht dir ordentlich die Zähne zu putzen“, ruft sie ihrer Tochter nach, bevor sie in die Küche geht, um das Frühstück für sie beide vorzubereiten.

 

Ihr Mann ist schon vor einer Stunde zur Arbeit gefahren, und ihre beiden älteren Kinder haben inzwischen auch das Haus verlassen, um zur Schule zu gehen. Laura ist mit ihren fünf Jahren  das Nesthäkchen. Sie ist ein kleiner Sonnenschein und der Liebling der ganzen Familie. Eigentlich geht sie in den Kindergarten. Aber heute müssen sie noch das Geschenk für Lauras Freundin Jana besorgen, und so fällt der Besuch des Kindergartens für diesen Tag aus. In Windeseile hat Laura sich angezogen und gekämmt.

„Na, du hast dich aber wirklich sehr beeilt“, freut sich  Uschi, als Laura wenig später in die Küche kommt, und ist ganz stolz auf ihre kleine Tochter, die für ihr Alter schon recht selbstständig ist.

Sie frühstücken noch schnell gemeinsam, ehe sie das Haus verlassen. Eigentlich wollte Laura heute Morgen ihre Mama fragen, wer die Lichter in den Sternen anzündet, aber das hat sie ganz vergessen. In Gedanken ist sie schon damit beschäftigt, was sie ihrer Freundin zum Geburtstag schenken könnte.

Es ist nicht viel Verkehr auf den Straßen, und auch in der Stadt ist es noch ziemlich ruhig. Sie finden schnell einen Parkplatz und können in aller Ruhe durch einige Geschäfte schlendern, um zu schauen, ob sich etwas Passendes für Jana finden lässt. Aber nichts von alledem was sie sehen gefällt Laura. Sie sind inzwischen schon über zwei Stunden auf der Suche, und das eine oder andere Geschenk wäre nach Uschis Ansicht durchaus geeignet gewesen. So unentschlossen kennt sie ihre Tochter sonst gar nicht.

„Ich kenne noch einen kleinen Geschenkeladen ganz in der Nähe. Lass uns dorthin gehen. Vielleicht findest du ja da etwas Schönes für Jana“, sagt sie und wird langsam ein wenig ungeduldig. „Du musst dich bald für ein Geschenk entscheiden. Es wird Zeit, dass wir wieder nach Hause fahren, sonst kommst du zu spät zur Geburtstagsfeier.“

Sie überqueren schnell die Straße und betreten das kleine Geschäft, in dem viele bunte Dinge zu finden sind. Laura schaut sich eine Weile um. Aber auch hier scheint es nichts zu geben was ihr gefällt. Uschi gibt langsam die Hoffnung auf, dass sie noch ein Geschenk finden und überlegt, ob sie zuhause noch etwas hat, das man Jana schenken könnte.

„Mutti schau, da ist ein Stern!“, ruft Laura plötzlich ganz begeistert und bleibt fasziniert vor einer kleinen Sternenlampe stehen. „Er leuchtet so wunderschön! Den will ich Jana zum Geburtstag schenken.“

„Ja wenn du das möchtest, mein Schatz, dann werden wir die Lampe für Jana kaufen. Sie wird ihr ganz bestimmt gefallen. Es ist wirklich ein schönes Geburtstagsgeschenk, das du da ausgesucht hast“, antwortet Uschi und ist erleichtert, dass die Suche nun ein Ende hat. Sie kaufen die kleine Lampe und verlassen beide zufrieden das Geschäft.

 

„Warum hast du dich denn ausgerechnet für dieses Geschenk entschieden“, will sie auf der Heimfahrt von ihrer Tochter wissen.

„Weißt du Mutti, ich stehe manchmal abends noch am Fenster und schaue mir die Sterne an. Sie leuchten so wunderschön, und wenn ich sie eine Weile angeschaut habe, kann ich anschließend viel besser einschlafen“, antwortet Laura. „Jana kann sich die Sterne nicht anschauen. Sie hat einen Rollladen vor ihrem Fenster, und wenn der geschlossen ist, ist es in ihrem Zimmer immer ganz dunkel. Das habe ich gesehen, als ich einmal bei ihr übernachtet habe. Wenn ich ihr einen Stern schenke, dann hat sie auch ein schönes Licht in ihrem Zimmer.“

Das kann Uschi nur zu gut verstehen. Sie wollte als Kind auch nie im Dunkeln schlafen. Ihre Mutter musste ihr den Rollladen immer ein Stückchen offen lassen, damit ein wenig Licht hereinscheinen konnte. In ihrem Haus gibt es zwar auch Läden vor den Fenstern, aber meistens zieht sie abends nur die Gardinen zu. Nur im Winter, wenn es draußen sehr kalt ist, schließt sie auch die Fensterläden.

„Sag mal Mutti, wer zündet denn abends die vielen Lichter in den Sternen an?“, holt Laura sie aus ihren Gedanken. ..................................................